Hermannstadt (Sibiu) steht bereits seit geraumer Zeit auf meiner Bucket-List. Im Jahr 2009 lerne ich einige Rumänen auf einem Nachhaltigen Tourismus Projekt in Portoroz in Slowenien kennen. Wir werden gute Freunde und sie erzählen mir immer wieder über ihre Heimatstadt Hermannstadt in Rumänien. Eine innere Stimme sagte mir damals, dass ich dort hinreisen sollte. Nun, sechs Jahre später, auf meiner Radreise durch Ost-Europa kann ich meine Mission endlich erfüllen.

Am frühen Abend fährt der Zug von Sinaia in Hermannstadt, der Hauptstadt Transsylvaniens, ein.  Die langsame Einfahrt fühlt sich an, als würde mich die Stadt erwarten. Ein mystischer und intensiver Moment. Ich steige aus dem Zug und setzte Fuß auf den Ort, der seit langem ohne Bild in meinem Kopf herumschwirrt. Die Abendsonne scheint orangerot und verbreitet eine angenehme Wärme.

Zusammen mit dem Wandergesellen Camillo, den wir im Zug kennengelernt haben, gehen wir noch auf einen Drink in ein gemütliches Café am alten malerischen Marktplatz. Gegen Mitternacht treffen wir dann Bianca, eine LinkedIn Bekanntschaft, die uns eingeladen hat, während unserer Zeit in Hermannstadt bei ihr unterzukommen. Viele meiner Freunde von damals leben mittlerweile leider nicht mehr hier. Doch nicht Dumitru, er empfängt uns mit einem breiten Grinsen und ist begeistert, dass wir den weiten Weg auf uns genommen haben und hat sich extra ein paar Tage für uns frei genommen.

Auf Erkundungstour durch Transsilvanien (Siebenbürgen)

Babs und ich radeln zu den Natursalzoasen im Kurort Ocna Sibiului in Siebenbürgen und genießen es, bei 36 Grad vom Salzwasser getragen zu werden und in Schlammbädern Seele, Körper und Geist nach den Strapazen der letzten Woche mal wieder etwas Gutes zu tun.

Tiefenentspannt finden wir uns am nächsten Tag zusammen mit Dumitru auf einer traditionell rumänischen Hochzeit mit viel Wein und lokalen Köstlichkeiten wieder. Wir ziehen mit den Hochzeitsgästen und dem Bräutigam auf seinem Pferd durch das kleine Dorf zum Haus der Angebeteten, wo er sie nach altem Brauch umwirbt. In dem kleinen Dorf Sibiel, am Rande der Karpaten, wo sich Brauchtum und Tradition seit damals kaum verändert haben, findet man übrigens auch die einzigartige und fast schon vergessene Kunst des spiegelverkehrten Glasmalens.

Traditional wedding in Sibiel in Transylvania

Es wird langsam spät. Im kleinen Örtchen Rasinari, das uns durch seine bunten Häuser beeindruckt, wo Kutschen anstatt Autos fahren und wo es Straßenstände statt Supermärkten gibt, probiere ich zum ersten Mal in meinem Leben Schweinehaut gewürzt mit Sal – hmmm, interessant.  Am Abend lasse ich den Tag Revue passieren und bin überwältigt, was ich in nur zwei Tagen bereits alles gesehen habe. Meine Mission läuft.

Small town Rasinare near Sibiu

Der nächste Tag: Ich sitze auf einem der höchsten Berge im Karpaten Gebirge in 2000 m Höhe am Balea See. Um mich herum nur der totenstille Gletschersee und dichte Wolken, die mich komplett einhüllen. Hier oben ist nichts wichtig – nur das Hier und Jetzt. Nach solchen Momenten in der verlassenen Natur fernab von zu Hause sehne ich mich oft. Nun erkenne ich, warum meine innere Stimme mich an diesen Ort geführt hat.

Die Wolken verschwinden genauso schnell wie sie gekommen sind, und vor mir erstreckt sich die Transfogarascher Bergstrasse. Diese Straße ist nur wenige Monate im Sommer befahrbar, da sie sonst meterhoch mit Schnee bedeckt ist.

Carpathians, Transfogarascher, Lake Balea

Am Fuße des Berges folgen wir einem quirligen Flusslauf, indem ich immer wieder Bachforellen springen sehe. Ich möchte am liebsten zurück und meine Angel holen. Nach einer Weile landen wir an einem riesigen See, den wir lange entlang fahren, bevor wir plötzlich auf einem der größten Staudämme des Landes, dem Vidraru Damm mitten in der Walachei stehe. Die Region hier heißt wirklich so!

Vidraru dam, Romania

Obwohl ich nicht ansatzweise religiös bin, sind die nächsten Highlights meiner Zeit in Hermannstadt doch sehr kirchenlastig. Ich stehe in einer alten Kirche in Reichesdorf, wo uns der über 70 Jahre alte Siebenbürger-Sachse Herr Schaas mit seiner ironischen und unterhaltsamen Art über die Geschichten und Mythen der Kirchenburgen in Siebenbürgen unterrichtet. Er ist ein großartiger Geschichtenerzähler!

Das nächste kulturelle Highlight ist der Besuch im Curtea de Arges Kloster, wo König Carol I. mit Königin Elisabeta sowie König Ferdinand mit Königin Maria bestattet sind. Sie haben Rumänien damals sehr positiv geprägt. Auf ihr Grab in der mit Gold und Wandmalereien verzierten orthodoxen Kirche zu schauen, fühlt sich an, als wäre man ein stiller Zeuge von etwas sehr Großem.

Romania Transylvania

Und was wäre ein Besuch in Transsylvanien, ohne beim Grafen vorbeigeschaut zu haben!? Eben, nichts! Also, letzter Stopp: Sighisoara! Ich stehe vor dem Geburtshaus Draculas. Fühlt sich allerdings eher an wie ein peinlicher Touri-Moment. Ich spiele das Spiel mit und posiere mit entsprechendem Textil :D Am Ende essen wir dann noch außerhalb der Stadt im Dracula Daneș Domain – herrlich touristisch!

Sighisoara: Dracula was born here. Transylvania Romania

Ein ganz großes Dankeschön an Bianca und Dumitru für eure Gastfreundschaft, Geselligkeit und Unterstützung! Dumitru ist übrigens auch Tour-Guide. Wer sich nun auf derselben Mission sieht wie ich und nach Transsylvanien reisen will, sollte ihn auf jeden Fall via facebook kontaktieren. Er weiß alles und kennt jeden Ort!