Kulinarische Entdeckungstour durch meine alte Heimat 

Dieses Jahr bin ich ungewöhnlich oft in meiner alten Heimat unterwegs. Da war zum Einen meine Radreise auf der 1.000 km langen 100 Schlösser Route durchs Münsterland, zum Anderen eine kulinarische Genussreise durch Westfalen, auf die ich mich erst kürzlich begeben habe. Was kaum einer weiß, neben einer tollen Radwege Infrastruktur überzeugt Westfalen vor allem auch mit seiner traditionellen, genussreichen Küche. Traditionelle Küche? Was genau ist denn eigentlich typisch westfälisch? Pumpernickel vielleicht, oder Strammer Max? Naja, das sind zumindest die wahrscheinlich kommerziellsten Exportschlager, die wir hier haben. Doch auch die kulinarischen Erlebnisse, die von Bielefeld über Münster, Hamm bis nach Ahlen und Warendorf an der Ems angeboten werden, zeigen, dass Westfalen längst im Kreis der Top-Kulinarikregionen Deutschlands angekommen ist.

Mit auf der Tour waren übrigens auch Jessica von Yummitravel, Aylin von Todaywetravel, Tanja von VielweibonTour und Ingo von ReiseWahnsinn. Außerdem unsere lieben Organisatoren und Ausrichter, Kirsten und Friedrich Wilhelm Krüger, von der Initiative „Westfälisch Genießen“.

Wofür steht „Westfälisch Genießen“

Westfälisch Genießen ist eine kulinarische Initiative, die sich den Erhalt und die kreative Weiterentwicklung der regionalen Küche Westfalens auf die Fahnen geschrieben hat. Friedrich Wilhelm Krüger

Köche und Gastronomen aus 27 Betrieben leben die Philosophie dieses Siegels in ihren Häusern, arrangieren saisonales Show-Kochen, Kochkurse, Workshops, Akademien zur Nachwuchsförderung, veröffentlichen die Publikation „Westfälisch Genießen-Journal“, den Gastronomie-Führer Westfälisch Genießen sowie die Westfälisch-Genießen-App.

Aber nun zu unserer kulinarischen Erlebnisreise: Von Freitag bis Sonntag ging es für uns sieben in fünf Restaurants in Westfalen, die mit dem Gütesiegel Westfälisch Genießen ausgezeichnet sind. Los ging’s in Bielefeld. Wo? In Bielefeld!

1. Slow Food Silvio und sein Kräutergarten

Historisches Gasthaus Buschkamp in Bielefeld  – Google Maps Link

Im Historischen Gasthaus Buschkamp in Bielefeld empfängt uns der Starkoch Silvio Eberlein, der gebürtig aus der sächsischen Schweiz stammt. Was mir als überzeugter Slow Traveller als erstes auffällt, ist der Sticker an der Wand mit der Aufschrift „Slow Food e.V“.

Der kreative Kräuter-Gott ist großer Befürworter der Slow Food Bewegung, die für regionale, nachhaltige und erlebnisreiche Kochkunst steht. Sie stammt aus Italien und ist quasi das Gegenstück des Fast Foods. Neben der hofeigenen Bienenfarm und dem kleinen Hofladen, in dem auch das hauseigene Brot gebacken wird, ist der Kräutergarten der wohl größte Schatz Eberleins. Er führt uns stolz durch sein Kräuterlabyrinth und zeigt uns, welche Kräuter er für seine außergewöhnlichen Menuvariationen verwendet. Genau das ist kreative, innovative und regionale Küche. Ich bin total begeistert!

Lachsforelle mit Tannenschösslingen gebeizt,
Austernpflanze / pochiertem Landei
Filet und Bäckchen vom Weiderind,

Olivenkraut / Selleriepüree
„Namelaka Orizaba“
Schokoladencreme / Veilchen-Marshmellow / Heidelbeeren

Mini Küchlein mit Reinfarn
Mini Küchlein mit Gewürz-Tagetes und Pumpernickel

2. Kulinarische Schlendertour mit Warendorfer Storyteller Trio

Hotel Engel in Warendorf – Google Maps Link

Am späten Nachmittag geht es weiter in Richtung Warendorf an der Ems. Warendorf ist eine kleine, idyllische Stadt, die direkt an der Ems, dem Emsradweg und der 100 Schlösser Route liegt. Gerhard Leve, Inhaber des Hotel Engel, hat einen kleinen westfälischen Snack mit 100% Instagramability Faktor für uns gezaubert. Hätte ich doch meinen Drink nur nicht so schnell aufgetrunken…

Westfälisches Fingerfood
Westfälischer Knochenschinken auf Früchtebrot
Lachsforelle auf Pumpernickel
Engel´s Rindfleischsalat
Linsensalat mit gezupftem Schweinebraten

Das Hotel Engel ist bereits seit 1692 im Besitz der Familie. Als Weinkenner und gelernter Sommerlier hat Gerhard Leve mit über 900 Weinen hier einen der größten Weinkeller Deutschlands eingerichtet. Man könnte denken, der fotogene Snack und der exorbitante Weinkeller wären das Highlight dieses Abends, doch der kommt erst noch. Zusammen mit seinen guten Freunden, dem aus Süddeutschland zugezogenen Werner Stock, der in Warendorf seinen Sehnsuchtsort gefunden hat, und dem Warendorfer Urgestein und außergewöhnlichen Zither Spieler und Jagdhornbläser Klaus Wiese, haben die drei die kulinarische Schlendertour durch Warendorf entwickelt. Warendorfer Geschichten von früher und heute, aus den Blickwinkeln eines zugezogenen Warendorf Liebhabers, eines Warendorfer Urgestein und Weltbereisten, und eines lokalen Kulinarik- und Weinexperten mit bemerkenswerten Akkordeonkentnissen. Unterhaltsame Geschichten, traditionelle Musik und Gesang, Stadterkundung und gutes Essen für gerade mal 59 Euro – mein persönliches Highlight des Abends. Mehr Infos zum Hotel Engel und dem Restaurant Engelchen gibt’s auf ihrer Website.

Warendorfer Must-do: Kulinarische Schlendertour

Rumpsteak  vom Emsochsen mit Rotweinzwiebelmarmelade,
westfälischem Ratatouille und Kartoffeldrillingen, Kräuterbutterschaum

3. Münsterländer Geheimtipp: Das „Töttchen“

Restaurant Domschenke Billerbeck – Google Maps Link

Am nächsten Tag gibt es im Restaurant Domschenke in Billerbeck bei Münster das Gericht, von dem ich während meiner Kindheit schon so oft gehört, aber es bis heute noch nicht probiert habe (ja, ich weiß, shame on me). Was früher genau wie der bayrische Kaiserschmarrn als „Arme-Leute-Essen“ angesehen war, gilt heute in etwas abgewandelter Form als westfälische Delikatesse: Das „Töttchen“. Irgendwie aber auch ein aufregendes Gefühl, wenn man mit dreißig noch Klassiker bzw. Geheimtipps aus seiner alten Heimat kennenlernt.

Münsterländer Töttchen
Gebratene Wachtelbrust / Speckpfannkuchen / Pfifferlingsalat
Schweinefilet im Kräutermantel / Blattspinat / Bratkartoffeln
Pumpernickeleis / Pflaumenragout

Domschenke Billerbeck

Frank Groll vom Restaurant Domschenke in Billerbeck

4. Gut Kump: Zu viel getrunken, aber sehr gut geschlafen

Gut Kump Gastronomie und Hotel – Google Maps Link

Die schönste Übernachtung fand für mich persönlich im Gut Kump statt. Überraschenderweise ist der antizipierte Kater aber ausgeblieben. Das lag wohl an der hohen Qualität des Weins und des Münsterländer Korns (auf den ich gleich noch komme) vom Vorabend. Inmitten ländlicher und ruhiger Idylle schläft man in den königlich gestalteten Zimmern wie ein Baby. Rollläden verdunkeln auf Wunsch das Licht der Dachfenster, beim Blick nach draußen schaut man auf eine traumhaft schöne Parklandschaft mit viel Grün und Wasser.

Die Location ist perfekt geeignet für Hochzeiten und andere Events, und ebenso optimal für eine kleine Auszeit mit Genussfaktor. Denn die Speisekarte lässt auch auf dem Gut Kump keine Wünsche offen.

Gebratenes Zanderfilet auf Wildkräuterrisotto mit Schnittlauch an Schmandsauce

Rehrücken aus eigener Jagd an Steinpilzjus mit Kürbispüree
und kleinen Süßkartoffel-Reibekuchen (von Bauer Schulte, Haus Westhemmerde)

Hausgemachter Rahmkuchen mit Brombeeren

Frühstückszeit! 

5. Zeitreise: Trecker Rally und Hochprozentiger

Hof Schulze Roetering – Google Maps Link

Der nächste Morgen geht so weiter, wie der letzte geendet hat: Hochprozentig. Diesmal ist der Ort des Geschehens die Brennerei von Martin Schulze Rötering. Spätestens als Martin anfängt von seinem Werdegang und der Entstehung der Brennerei zu erzählen, bin ich wieder voll da und komme aus dem Staunen nicht mehr raus. Er hat höchste Ansprüche an Qualität und suchte Jahrzehnte nach der passenden Brennmaschinerie für den anspruchsvollen Brennprozess seiner Spirituosen. Und das weltweit! Nach knapp zwei Jahrzehnten ist er fündig geworden. Wie, das erzählt er dir am besten selbst.

Mit der Absicht, den eigenen Marktwert zu testen und vielleicht in den internationalen Top 100 aufzutauchen, nahmen die beiden Ahlener Martin Schulze Rötering und sein Genussbotschafter Boris Burat 2017 zum ersten Mal an einem internationalen Wettbewerb teil. Aus dem Stand gewannen sie dabei Gold beim Internationalen Spirituosenwettbewerb in China und anschließend Doppelgold, Gold und Silber bei den „World Spirits Awards“ in Österreich.

„Das ist die höchste Auszeichnung, die wir kriegen können.“ Martin Schulze Rötering

„Gigantisch. So muss Oscar sein, wenn der Name fällt.“ Boris Burat

Mein Tipp: Schaut euch unbedingt diese Brennerei an, die auch mit dem wunderbaren Münsterland Siegel ausgezeichnet ist. Probiert den vom Rotweinfass gereiften Korn, der unfassbar mild schmeckt, und lasst euch von Martin auf eine Zeitreise in die Vergangenheit mitnehmen. Seinen Geschichten könnte ich stundenlang zuhören!  Achja, Trecker fahren kann man hier übrigens auch… ;-)

Aus dem Hofladen…

6. Das Crème de la Crème Finale bei Bernhard Kampmann

Hof Schlichte in Bielefeld – Google Maps Link

Am Sonntagvormittag sitzen wir geschlaucht und gesättigt im Auto, unterwegs zum letzten Halt unserer Rundtour. Als ich dachte, wie kann man die ganzen kulinarischen Erlebnisse der letzten beide Tage noch toppen, saß ich auch schon am Mittagstisch des Schlichte Hofs in Bielefeld. Wo? In Bielefeld! Starkoch und Urgestein der Initiative „Westfälisch Genießen“, Bernhard Kampmann, empfängt uns freudig und erzählt, was heute auf der Speisekarte steht. Und im nu habe ich auch schon wieder Hunger. Kampamm, der 1984 als bester Kochazubi Bielefelds seine Kochausbildung beendete, zog es in die USA und in die Schweiz, bevor er zurückkam und mit gerade mal 23 Jahren den Schlichte Hof gründete. Gestartet mit fünf, zählt er heute insgesamt 62 Angestellte. Kein Wunder, dass im Menu ein kulinarisch kreatives und innovatives Highlight das nächste jagt – von Hokkaido-Kürbis bis Molekularküche.

Bernhard Kampmann bekochte bereits Mika Häkkinen, Johannes Rau und Günther Jauch

Ingwer, Orangen, Chili mit gebratenem Rinderfiletspieß

Delbrücker Landhahn (Kikok)
Roulade auf gebratenem Spitzkohl, Kartoffelkrapfen und Brombeersauce

Gebackene Pflaume mit Bourbon Vanilleeis und Zuckerwatte

Interessantes von „zwischen den Zeilen“

Ein zentrales Thema, das die Restaurants wie in fast jeder Branche in Deutschland vereint, ist das Thema Fachkräftemangel. Vor allem die Traditionshäuser auf dem Land sind schwer betroffen. Umso schöner zu sehen, dass die Starköche der Restaurants dieser Reise nach den zum Teil langen Jahren im Ausland zurück in ihr Heimatland bzw. Region gefunden haben, um die traditionellen und zum größten Teil familiengeführten Häuser mit junger Dynamik, im Ausland erlangter Expertise, sowie kreativen und innovativen Gerichten im regionalen Kontext in die neue Zeit führen.

Was mir außerdem bei allen Protagonisten unserer kleinen Genussreise auffällt: Trotz großem Erfolg verhalten sich alle total bodenständig und ohne großen Geltungsdrang. Diese Art von Understatement finde ich immer wieder sehr angenehm und sympathisch. Vielleicht ist das ja auch typisch Koch oder typisch westfälisch?

Kulinarische Radtour durch Westfalen

Einige der Restaurants und Höfe liegen an bekannten Radfernwegen, wie dem Emsradweg, dem Werseradweg oder der 100 Schlösser Route. Eine wunderbare Möglichkeit also, die nächste Radtour mit ein wenig Kulinarik zu verbinden. Alle Restaurants von „Westfälisch Genießen“ findest du auf der Website des Gütesiegels, die Radwege der Radregion Münsterland gibt’s hier.

Kochbuch-Tipp:


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