Im Frühjahr bin ich auf dem Ostkurs und dem Nordkurs der über 1000 km langen 100 Schlösser Route unterwegs gewesen. Mitte Oktober folgte der Südkurs und der Westkurs dieses idyllischen Themenradwegs. Und hiermit willkommen zum vierten und letzten Teil der Berichterstattung meiner Radtour durchs Münsterland. Es ist ein schöner sonniger Tag und es sind immer noch beachtliche 22 Grad!

Die vier Kurse der 100 Schlösser Route im Münsterland
Zwischen Senden und Buldern befindet sich der schmalste Abstand zwischen Süd- und Westkurs, den ich nun zur Überquerung auf den Westkurs, den letzten Streckenabschnitt meiner Münsterland Radtour, nutze. Sie beginnt im kleinen Örtchen Buldern, unweit der Stadt Dülmen am Schloss Buldern.
Das ganz in weiß gehaltene Schloss ist heute ein Internat bzw. privates Gymnasium. Die Wolkenbewegung verdeckt immer wieder die Sonne und es ist nicht leicht, einen guten Fotomoment abzupassen.

Schloss Buldern bei Dülmen

Windmühle – Check!
Tipp: Unweit von hier, im kleinen Örtchen Nottuln, traf ich übrigens vor ein paar Tagen auf meiner Radtour entlang des Südkurses, Stefan Waltering, der hier in seiner Fleischerei den originalen Westfälischen Knochenschinken herstellt. Dieses Geschmackserlebnis sollte man sich nicht entgehen lassen. Alles zu meinem Treffen mit Stefan und der traditionellen Weise, mit der er den Knochenschinken herstellt, erfährst du im Südkurs Erlebnisbericht.
Münsterländer Knochenschincken von Stefan Waltering
Haltern am See und Schloss Sythen
Ein Stückchen weiter treffe ich Oliver und seinen Vater, die ebenfalls auf Radreise sind. Zwar nicht entlang der 100 Schlösser Route, dafür aber vom Ruhrgebiet bis Münster, unter anderem entlang des Lipperadwegs. Sie stehen am Eingang des Schloss Sythen und schützen sich vor dem Regenschauer. Ich schließe mich an. Wir tauschen uns ein wenig aus und mir wird bewusst, wie belebend es doch immer wieder ist, Gleichgesinnte zu treffen.

Schloss Sythen bei Haltern am See
Als der Regen nachlässt, ist es nicht mehr weit bis zu meinem Tagesziel Haltern am See. Auf diese Gegend freue ich mich schon seit der Planung meiner Radtour durchs Münsterland. Sie tauchte bei meiner Recherche immer wieder auf, denn der Freizeitfaktor, der hier geboten wird, soll hoch sein. Außerdem statte ich meinem Cousin Michael, der vor kurzem hierher gezogen ist, einen Besuch ab.
Der Stausee in Haltern mit dem einzigen lizensierten Seebad in Nordrhein-Westfalen, dient nicht nur als Freizeitsee, sondern ist in erster Linie als Wasserspeicher für das Ruhrgebiet gedacht. Parallel zum See durchquere ich eine Siedlung. Keine Ahnung, ob sie einen offiziellen Namen trägt…

Tierquartier
Mein erster Gedanke zu Haltern am See: Huch, was ist der Grund für das Niedrigwasser? Der trockene Sommer? Der hohe Wasserkonsum? Beides? Das Ufer des Sees ist teilweise auf bis zu 15m gesunken.

Wasserstand: Zu niedrig!
Ein kurzer Stopp am Seebad lässt erahnen, wie schön es hier im Sommer sein muss. Unweit von hier befindet sich auch noch ein Kletterwald, ein Erlebnis Biergarten, die Stadtmühle mit Café, Terrasse und Disco, eine Jugendherberge sowie das Lake-Side Inn Bar Restaurant, in dem man übrigens auch gut Frühstücken kann. Aber nichts geht über mein geliebtes Café Extrablatt. Hier kehre ich jedes Mal ein, wenn ich in meiner alten Heimat unterwegs bin. Und wie der Zufall es so will, gibt es auch hier in der Stadt ein solches Café. Haltern gefällt mir richtig gut und ich kann mir gut vorstellen, dass man hier im Sommer ein paar Tage richtig entspannt Urlaub machen kann.

I love Cafe Extrablatt
Natur und Ruhe: Tierbegegnungen im Münsterland
Wildlife gibt es im Münsterland übrigens auch. Während meiner Tour entlang des Ostkurses und Nordkurses im Mai schlichen mir an einem Tag gleich zwei Blindschleichen über den Weg. In der ersten Nacht auf der Tour entlang des Südkurses haben Rehe neben meinem Zelt gegrast, und gestern ist mir nicht nur ein Fuchs vor dem Rad hergelaufen, sondern auch ein Storch am Wegesrand begegnet. Während meiner Jugend habe ich hier sogar schon mal einen richtig großen Dachs gesehen. Gerade fallen mir die vielen Fischreiher und Mäusebussarde auf den Wiesen auf. Ein ungewöhnliches Jagdrevier für den Fischreiher. Sind die Wiesen doch so trocken vom Sommer?

Wildlife im Münsterland
Kulinarische Überraschung im Nirgendwo
Angekommen im Naturpark Hohe Mark im Lippetal, erstreckt sich vor mir auch schon das beeindruckende Wasserschloss Lembeck. Zwischen 1670 und 1692 baute Dietrich Conrad Adolf von Westerhold-Hackfurt (was für ein Name!) die Burg zu einem der größten Wasserschlösser des Münsterlandes um, inklusive nach französischem Vorbild konzipiertem Barockgarten.

Wasserschloss Lembeck

Wasserschloss Lembeck
Im Schloss Lembeck werden auch Führungen angeboten und Übernachten kann man hier laut Werbeschild wohl auch. Allerdings erzählt mir der Herr am Eingang, dass das Hotel geschlossen sei. Uff, oh no! Wo schlafe ich denn heute Abend? Das Zelt habe ich zwar dabei, doch sollen die Temperaturen in der Nacht auf fünf Grad runtergehen. Zudem wollen die Akkus von Kamera, GoPro, Handy und Fahrradakku aufgeladen werden. Und nicht zu vergessen der frühe Sonnenuntergang. Ich komme mir ein wenig vor, als wäre ich in the middle of nowhere gelandet. Aber kurz zuvor habe ich an einem Bahnübergang in einem kleinen Dorf ein Hotel gesehen. Das wohl einzige hier in der Gegend. Es gibt noch ein Zimmer, welches mit Frühstück gerade einmal 43,- Euro kostet – was für ein Glück!
Im Hotel freue ich mich auf ein Schnitzel mit Pommes. Aber zuvor gibt es noch einen kleinen Gruß aus der Küche: Kastaniensuppe. Das Rezept ist leider geheim. Und als wäre das noch nicht Kulinarikgenuss genug, überrascht mich der Koch mit russischem Akzent auch noch mit der besten Herrencreme, die ich je gegessen habe. Ich habe schon fast vergessen, dass es sie gibt, habe ich sie doch meist nur als Kind gegessen (obwohl Alkohol drin ist ;-)). Neben dem westfälischem Knochenschinken und dem Töttchen, ist die Herrencreme noch so eine empfehlenswerte, typisch münsterländische Delikatesse. Hungrig geworden? Hier geht’s zum Bericht meiner kulinarischen Genussreise mit fünf der besten Restaurants in Westfalen, die zum Teil auch an der 100 Schlösser Route liegen.

Herrencreme im Münsterland
Ausgeschlafen schwinge ich mich am nächsten Morgen auf meinen Sattel. Im Schatten ist es kalt, aber sobald man in der Sonne fährt, wärmen die Sonnenstrahlen angenehm auf der Haut. Nach 20 km erreiche ich Schloss Raesfeld. Das Schloss wurde zwischen 1643 und 1658 gebaut, am Westflügel ragt der höchste Turm Westfalens empor. In der Vorburg richtete Reichsgraf Alexander II. von Velen ein Observatorium ein. Heute fallen einem vor allem die kleinen liebevoll verzierten Lädchen und Restaurants kurz vor der Brücke ins Auge.

Schloss Raesfeld

Schloss Raesfeld
In Bocholt ist gerade Bocholter Kirmes. Ausnahmezustand für fünf Tage. Sogar ein Großteil der Geschäfte in der Innenstadt bleibt über diesen Zeitraum geschlossen. Ist wohl nochmal ne Nummer größer als unsere Innenstadtkirmes in Ibbenbüren. Bei der Einfahrt nach Bocholt geht Landschaftsliebhabern wie mir das Herz auf. Entlang der schönen Natur am Fluss Bocholter Aa, fährt man direkt auf den Bocholter Aasee mit Badestrand zu. Und eh ich mich versehe, befinde ich mich als bepackter Radreisender auch schon inmitten des Kirmestrubels umgeben von zahlreichen Menschen. Rückzug!! Ist zwar echt schön hier, aber auch nur ohne das ganze Gepäck. Ich radle weiter entlang der Aa bis eine Eisdiele meine Aufmerksamkeit auf sich zieht: „Matthias, komm mal rein und schau was wir haben.“ HERRENCREMEEIS! Ahahaha, wie geil!

Herrencreme Eis in Bocholt
So idyllisch, wie ich in die Stadt eingefahren bin, so idyllisch fahre ich auch wieder heraus. Eine Stunde entlang der Bocholter Aa. Ein Träumchen.

Radweg entlang der Bocholter Aa
Schlossübernachtung an der niederländischen Grenze
Kommen wir nun zum Highlight meiner Radreise auf dem Westkurs. Natürlich ist die Summe aller Erlebnisse das, was dieses Radtourerlebnis am Westkurs der 100 Schlösser Route ausmacht, aber auf die Schlossübernachtung auf der Wasserburg Anholt in Isselburg freue ich mich schon seitdem ich letzte Woche das erste Mal in die Pedale getreten bin. Die freundliche Rezeptionistin führt mich durch das Schlosshotel und zeigt mir ein paar der schönsten Zimmer.

Schlosshotel Anholt in Isselburg
In der gemütlichen Sitzecke könnte ich den ganzen Tag verweilen, am Laptop arbeiten und Leute beobachten, so ur-gemütlich ist es hier.
Zum Abendessen treffe ich Herrn Brune. Er und sein Bruder führen die Wasserburg Anholt in Isselburg direkt an der niederländischen Grenze. Ein sehr sympathischer Mensch, der mir von der Geschichte der Wasserburg und der Umgebung erzählt. Er macht mich auf das Museum, den Burgräfenweg sowie den Großen Parkweg aufmerksam, die ich morgen vor meiner Abreise doch noch einmal anschauen solle. Die Wege führen um die Wasserburg, durch den riesigen Landschaftspark mit Irrgarten, sowie den drei Barockgärten.
Den Abend lasse ich im burgeigenen Restaurant, dem Wasserpavillon, ausklingen. Ach, wie interessant: Hier gibt es viele regionale Säfte, u.a. den der Stromberger Pflaume. Davon habe ich zum ersten Mal auf meiner Radtour durch Stromberg auf dem Ostkurs der 100 Schlösser Route erfahren. Dazu gibt es gebratenen Steinbutt mit Kürbispolenta und glasierten Pastinaken. Köstlich!

Mhhh…lecker!
Ich habe super geschlafen, und so delikat wie der gestrige Abend geendet ist, geht der heutige Morgen weiter. Was für ein leckeres und reichhaltiges Frühstücksbuffet. Sogar mit original Münsterländer Pumpernickel.

Frühstückszeit!
Nach meinem Besuch im Burgmuseum und einem Spaziergang auf dem idyllischen Burgräfenweg, verabschiede ich mich von Herrn Brune und mache mich auf den Weg in Richtung Borken.
Peter und Jörg Brune
Borken, du Schöne!
Der Name der Stadt tauchte in meinem Leben immer wieder mal auf. Irgendjemand aus meinem Studium stammte von hier. Oder jemand, den ich kenne, wohnt hier. Die Suche über facebook hilft mir leider nicht weiter… Hm, sei es drum. Der Weg hierher, durch den Prinzenwald, hat eine sehr beruhigende und entschleunigende Wirkung. Waldness pur! An der einen oder anderen Stelle sieht man die beeindruckenden Schäden von dem im Januar tobenden Orkan Friederike.

Herbstlandschaft im Münsterland

Der Prinzenwald
Borken hat auch wieder sowas freizeit- und erholungsmäßiges an sich. Der schöne Pröbstingsee mit seinem Rundweg, dem Planetenweg und der Bocholter Aa verdeutlichen immer wieder den ausgeprägten Freizeit- und Erholungswert auch für die Anwohner dieser Stadt.
Hier in Borken befindet sich auch das nächste schöne Schloss auf der Route: Die Wasserburg Gemen. Zum ersten Mal wurde die Burg bereits im Jahre 962 urkundlich erwähnt und ist in verschiedenen Bauabschnitten über mehrere Jahrhunderte entstanden. Heute ist sie Jugendbildungsstätte des Bistums Münster und als Jugendburg Gemen überregional bekannt. Borken ist übrigens nicht nur für sein Schloss bekannt, auch Spinat wird hier in großen Mengen angebaut, von keiner geringeren als der Firma Iglu.

Burg Gemen in Borken

Burg Gemen in Borken
Am Abend erreiche ich eines der wohl populärsten Schlosshotels im Münsterland, das Sportschloss Velen. Über 130 Angestellte arbeiten hier. Umso trauriger, dass das Schloss Ende des Jahres seine Türen schließen soll.

Sport Schloss Velen
Schade auch, dass es mittlerweile jeden Tag komplett bewölkt ist. Wäre ich doch wie geplant eine Woche früher losgeradelt, dann hätte ich das Oktoberhoch komplett auf meiner Seite gehabt. Angekommen in Ahaus, stehe ich vor dem Schloss, welches in meinem Reiseführer der 100 Schlösser Route als rotmarkiertes erstes Schloss angezeigt wird: Das Schloss Ahaus. Es wurde 1689 bis 1695 als Jagdschloss errichtet, und nach dem Siebenjährigen Krieg von Johan Conrad Schlaun restauriert. Er fügte dem Schloss seine beachtliche Freitreppe an. Heute findet man im Schloss Ahaus die Technische Akademie und das Torhaus-/Schulmuseum.

Schloss Ahaus
Das Regenende
In Heek gibt es übrigens, ähnlich wie die Fleischerei Schinken-Waltering in Nottuln, einen weiteren Spezialisten in Sachen Westfälischer Knochenschinken: Die Fleischerei-Laschke. Hierher schaffe ich es aber leider nicht mehr, da es immer stärker regnet. Glücklicherweise fehlt mir nur ein kleiner Abschnitt des Rundkurses. Die Stadt Coesfeld hätte ich mir allerdings schon noch gerne angeschaut. Ein Grund noch einmal wieder zu kommen, bei meinem nächsten Heimaturlaub im Münsterland.

Sommer zu Ende!
Fazit:
Umso älter ich werde, umso mehr finde ich Gefallen daran, mein Heimatland Deutschland zu erkunden. Die knapp 1000 km lange Radtour entlang der vier Streckenkurse der 100 Schlösser durch meine alte Heimat, dem Münsterland, hätte schöner nicht sein können. Das tolle Wetter, das fast die ganze Zeit angehalten hat, die freundlichen Menschen, die faszinierende Kultur und Geschichte sowie die entschleunigenden Naturlandschaften; dies war meine persönlich schönste Reise 2018. Und wenn ich eins bereue, dann, dass ich die Tour nicht schon damals gemacht habe, als ich noch hier gelebt habe.
Die schönsten Schlösser, Burgen und Gutshäuser entlang des Westkurses der 100 Schlösser Route im Münsterland:
Schloss Buldern in Buldern
Schloss Sythen in Haltern am See
Schloss Lembek im nördlichen Teil des Kreises Recklinghausen im Lippetal
Schloss Raesfeld in Raesfeld
Wasserburg Anholt in Isselburg
Burg Gemen in Borken
Sportschloss Velen in Velen
Schloss Ahaus
Transparenzhinweis: Die Radreise entlang der 100 Schlösser Route war eine bezahlte Bloggerreise und ist durch eine wunderbare Zusammenarbeit mit dem Tourismusverein meiner alten Heimat, dem Münsterland e.V. zustande gekommen.
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