Langsam und bewusst unterwegs zu sein, einzutauchen in das Hier und Jetzt, sich beim Reisen treiben zu lassen statt die ‚Must Sees‘ und Insta-Hotspots abzuklappern, darum geht es beim Slow Travel. Es gibt nicht allzu viele deutschsprachige Reiseblogger, die auf diese Art und Weise Reisen. Fünf Freunde des entschleunigten Reisens teilen hier ihre Eindrücke ihrer schönsten Reise dieser Art. Interessant ist, dass das Element Wasser hier immer wieder auftaucht…
Freu dich auf eine Reise, die mit diesem Blogartikel noch nicht zu Ende ist, sondern gerade erst beginnt. Jeder von uns fünf Reisebloggern hostet einen tollen Round Up zum Thema Slow Travel. Und los geht’s:
Gemach, gemach durchs Baltikum
Idyllische Seenlandschaften, weite Sandstrände und Ortschaften, die auf Instagram noch lange nicht tot gehashtagt wurden: Das Baltikum ist wie gemacht für eine Slow-Travel-Reise.
Von Vilnius aus starteten wir unsere knapp zweiwöchige Reise durch Litauen und Lettland, die wir im vergleichsweise hektischen Rīga ausklingen ließen. Ein ganz besonders „langsamer“ Höhepunkt war der Aukštaitija-Nationalpark im Nordosten Litauens, den wir kurzum Brandenburgs baltischen Bruder tauften. Auf weiter Strecke spazierten wir völlig alleine vorbei an spiegelglatten Seen, von denen einer nach getaner Wanderarbeit sogleich zum Anbaden genutzt wurde. Mit dem Zug ging es weiter nach Klaipėda, dem Tor zur Kurischen Nehrung. Die langgezogene Halbinsel gehört zu den beliebtesten Reisezielen im Baltikum. Und trotzdem bietet ihr kilometerlanger Sandstrand wirklich allen Reisenden Platz zum Innehalten. Im lettischen Kuldīga schließlich picknickten wir plötzlich im längsten Wasserfall Europas, bevor wir in Rīga diesen einen Ort abseits der touristischen Altstadt fanden, der uns die lettische Hauptstadt lieben lernte.
Das Baltikum ist eine vergleichsweise kompakte Reiseregion, was viele dazu verleitet, von A nach B – oder besser gesagt: von Vilnius nach Rīga nach Tallinn – zu hetzen. Dabei machen es Land und Leute dir so einfach, die grünen und blauen Nuancen dazwischen zu genießen! Es gibt ein zuverlässiges Nahverkehrsnetz, dank dem du Orte bereisen kannst, die hierzulande kaum bekannt sind, dafür aber voller kleiner Überraschungen stecken. Sie werden umso größer, je mehr Zeit du ihnen zustehst, sich entfalten zu lassen. Ein Sprung ins kühle Nass, ein Heißluftballon im Sonnenuntergang, die Aussicht von einer der höchsten Wanderdünen des Kontinents. Das sind die Momente, die dich auf deiner Reise im Baltikum ganz automatisch mindestens einen Gang runter schalten lassen.
Im Baltikum läuft garantiert nichts weg. Und wenn doch, sammelst du vor Ort eben Gründe, um ganz bald zurückzukehren. Einen Überblick unserer Erlebnisse erhältst du im Einstiegsartikel zu unseren Baltikum-Reiseberichten.
Über John, Marc und „1 THING TO DO“
Reisen ohne Hektik, das ist das Motto von 1 THING TO DO. Das langsame Reisen hat bei uns also Prinzip. Slow Travel, das bedeutet für uns vor allem, uns auf Reisen treiben zu lassen, anstatt eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abzuklappern. Im Fokus steht der Reisemoment. Dazu kommt dieser gewisse Hang, Distanzen im Zug, mit dem Bus oder auf zwei Rädern zu absolvieren – egal ob in der Nähe oder in der Ferne.
Mit dem Hausboot unterwegs auf der Saone in Frankreich
Eine unserer schönsten Slow Travel Reisen war eine knapp einwöchige Hausboottour auf der Saone. Dieser Fluss fließt durch die Franche-Comté, eine wenig bekannte Agrarlandschaft im Osten Frankreichs. Kein Wunder! Gibt es doch entlang des Flusses keine weltberühmten Städte, Klöster oder Châteaus. Stattdessen entdeckten wir eine ländliche Idylle, wie sie schöner kaum sein kann. Auf unserer Fahrt begleiteten uns zahllose Schwäne. Sie schwammen uns entgegen, blickten morgens in unsere Kajüte oder ließen ihr Gefieder am Flussufer in der Sonne trocknen. Immer wieder blickten uns neugierige Rinder nach, als wir gemächlich an ihnen vorbeizogen. An einer Schleuse begrüßte uns ein Esel mit lautem Geschrei.
Auf unserem Hausboot, auf dem wir mit mehreren Blogger-Freunden unterwegs waren, fuhren wir gemächlich unter uralten Brücken durch. Wir kamen in stille Dörfer, in denen die Zeit stehen zu bleiben schien. Nur ein paar offene Türen, an denen leichte Baumwollvorhänge neugierige Blicke ins Innere verhinderten, deuteten darauf hin, dass jemand in den alten Gebäuden lebt. An Schleusen kauften wir bei den Schleusenwärtern frisches Obst oder heimischen Käse, während wir darauf warteten, dass unser Boot sich auf das Wasserniveau für die Weiterfahrt hob oder senkte. Aufregend war allein die Fahrt durch zwei Tunnel, die auf unserer Strecke lagen. Es ist schon ein besonderes Erlebnis, ein Hausboot durch einen schmalen Tunnel zu steuern.
Wir ließen uns treiben auf unserem Fluss der Schwäne und genossen das Gefühl, unsere Zeit frei einteilen zu können. Wenn wir Lust hatten, legten wir irgendwo am Flussufer an für einen kurzen Spaziergang oder ein erfrischendes Bad im Wasser. Oder wir entschieden uns für einen Bummel durch eines der Dörfer, die wir unterwegs sahen. Dort setzten wir uns in die Dorfkneipe und hörten der Unterhaltung der Wirtin mit anderen Gästen zu. In einem anderen Dorf besuchten wir die Dorfkirche, die erstaunliche Kunstwerke vorzuweisen hatte. Das schönste an dieser Reise war, dass wir diese Tage ohne Stress und ohne Hektik erleben konnten. Ein Slow Travel Erlebnis par excellence also.
Über Monika und Petar und ihren Reiseblog „Travelwordonline“
Monika und Petar Fuchs sind große Fans von Genuss Reisen und Slow Travel Erlebnissen. Seit 2001 sind sie in der Welt unterwegs auf der Suche nach Reisezielen und Reiseerlebnissen, die Genuss versprechen und zum Langsam Reisen anregen. Was sie auf ihren Touren durch die Welt entdecken, stellen sie in ihrem Blog TravelWorldOnline Traveller vor.
Reisen durch Slowenien mit Tipps von Locals
Im Frühling 2017 stieg ich mit einer französischen Freundin in den Nachtbus nach Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens. Wir hatten zwei Hostels und einen Bus zurück gebucht, weitere Pläne hatten wir nicht. Was wir sahen, taten oder aßen, war weitgehend abhängig von den Tipps, die wir von den Slowenen erhielten.
So standen wir eines Morgens bereits um 6 Uhr auf dem Hügel des Schlosses Ljubljanski Grad, um den Sonnenaufgang zu schauen (sehr zu empfehlen!). Es war zwar immer noch eiskalt und dunkel, aber der Besitzer des Hostels hatte uns gesagt, dass es sich lohnen würde, und da hatte er absolut Recht. Danach erwärmten wir uns bei einer heißen Schokolade, die wie eine Art Pudding aussah, in einem kleinen Café, in dem die Inhaberin nur Slowenisch sprach. Mit Händen und Füßen erklärte sie uns, wo wir das leckerste Brot in Ljubljana kaufen konnten. An dieser Bäckerei, die übrigens Osem heißt, wären wir sicherlich vorbei gelaufen, wenn wir nicht gewusst hätten, dass es sie gibt. Und das wäre wahnsinnig schade gewesen, denn das Brot war unfassbar lecker!
Danach fuhren wir mit dem Bus nach Bled. Von dort aus machten wir auf Empfehlung der Jungs, die das Hostel betrieben, unter anderem einen Tagesausflug zum Bohinjsee. Dieser riesige See ist von Bergen umgeben und der perfekte Ort zum Wandern. Durch andere Wanderer entdeckten wir einen versteckten Wasserfall, Slap Savica, von dem aus man auch einen sehr schönen Blick über das Tal hat.
Diese Reise ist für mich ein gutes Beispiel für Slow Travel. Wahrscheinlich hätten wir viel mehr sehen können, wenn wir im Voraus einen gut durchdachten Plan gemacht hätten, aber jetzt haben wir Slowenien mit den Tipps der Slowenen kennengelernt und deshalb nicht nur ein paar weniger bekannte Perle Sloweniens entdeckt, sondern auch schöne Gespräche geführt.
Über Janna und ihren Reiseblog
Janna von www.jannakamphof.nl/de kommt aus den Niederlanden und lebt derzeit in Osnabrück. Wenn sie nicht in der Arbeit ist, geht sie am liebsten auf Abenteuer. Wandern, Radfahren, Schwimmen, Übernachten an besonderen Orten… Janna möchte so viel wie möglich von der Welt sehen, aber auf eine bewusste Weise. Sich Zeit zu nehmen, einen Ort und seine Bewohner kennen zulernen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen und Mikroabenteuer zu erleben, ist dabei zentral für sie.
Alle Viere gerade sein lassen
Hier und jetzt möchte ich euch dafür begeistern, den nächsten Urlaub nicht zu planen. Im Sommer 2018 war ich ganz schön kaputt und ich wollte es unbedingt vermeiden, mir insgeheim nach dem Urlaub Urlaub vom Urlaub wünschen zu wollen. Du wirst das sicherlich kennen. Also stellte ich mir die Frage: „Was tut mir seelisch und gesundheitlich wirklich gut in dieser Zeit?“. Ich sage euch: die Antwort war befreiend. Nichts sollte geplant werden und doch vieles fügen. Es wurde aktiv, entschleunigt und unaufgeregt. Von einem Teil meiner drei Wochen möchte ich euch genauer erzählen.
Gemeinsam mit einer Freundin entschieden wir uns dazu, spontan für 5 Nächte einen alten ausgebauten T3-Bulli zu mieten. Bulli-Sharing-Anbieter findet ihr problemlos im Netz. Ganz im slow travel-Style blieben unsere Handys zuhause, eine analoge Deutschlandkarte wurde eingepackt und schon rollte das alte Teil ohne Servolenkung mit maximal 80km/h auf der Landstraße. Das Ziel war die Ostsee und unsere Wege verliefen grundsätzlich abseits von Bundesstraßen. Unsere Karte führte uns entlang Brandenburger Alleen zunächst in den Grumsiner Buchenwald und dann Richtung des Nationalparks Unteres Odertal. Von hier aus ging es über Schwedt bis hoch zum nordöstlichsten Punkt des deutschen Festlands: Altwarp. Die Ostsee entlang ging es wiederum Richtung Westen nach Anklam und von hier aus wieder runter durch grüne Wälder und blauen Seen der Mecklenburger Seenplatte.
Eine Prise Spontanität, Mut und Wissbegier hilft euch dabei, einen unvergesslichen Sommer zu gestalten. Uns gefiel es insbesondere, sorgenfrei mit der Landschaft zu reisen und mit ihr zu verschmelzen. Im leichten Auf und Ab der kleinen Hügelländern zu fahren, ließ uns alle Sorgen vergessen. Jeden Abend verbrachten wir woanders und wunderten uns ein ums andere Mal, wie schön doch Heimat ist. Weißt du, wie schön deine Heimat ist? Ich lade dich ein, sie auf eine neue Art und Weise durch ein anderes Verkehrsmittel deiner Wahl zu erkunden. Trau es dir selber zu! Aktiv, entschleunigt und unaufgeregt.
Über Gregor und „Im Osten was Neues“
Aktive, entschleunigte und unaufgeregte Reisen: vermeintlich funktioniert das nicht zusammen, aber genau das ist es, wozu ich dich inspirieren möchte. Ich bin Gregor und schätze mich sehr glücklich, denn ich durfte am Rande Ostberlins aufwachsen und die Faszination von Hauptstadt und Brandenburger Landschaft miteinander verbinden. Ende 2018 konnte ich mir den Traum erfüllen, Im Osten was Neues zu gründen und meinen Enthusiasmus für slow travel in die Welt zu tragen. Mein Anliegen ist es, dich für Urlaub im Osten Deutschlands sowie ehemals sozialistischen Gebieten zu inspirieren.
Jugonostalgic: Eine Zeitreise in Belgrad

Floating Hostels: Ruhepol an der Donau in Belgrad
Viele assoziieren Slow Travel häufig mit Natur und Genuss. Und es ist ja auch naheliegend, dass man im ’natürlichen Draußen‘, fernab des Stroms aus Geräuschen und Reizen, am besten seine Ruhe finden kann. In diesem Sinne wollte auch ich eine Slow Travel Reisegeschichte zu diesem Round Up beisteuern. Gerade auf unserer 2.500 km langen, viermonatigen Radreise von Deutschland nach Rumänien entlang der Donau gab es viele dieser Orte und Momente innerhalb der Natur. Aber dass ein Städtetrip in eine riesige Metropole ebenfalls eine entschleunigte Wirkung haben kann, war mir bis dahin neu. Ein gemütliches Doppelzimmer auf einem Floating Hostel mitten auf der Donau – eine Art Hausboot – sollte für ein paar Tage unser Zuhause werden. Länger dort zu bleiben, war nicht geplant.
In Belgrad gibt es viele junge Leute. Sie sprechen super Englisch, sind weltoffen und neugierig. In kürzester Zeit hatten wir ein gutes Dutzend neuer Freunde, mit denen wir gemeinsam in das Nachtleben, die Recreational Areas wie dem Ada Lake, Kinos und Hausparties der Hauptstadt des ehemaligen Jugoslawiens eingetaucht sind.
Erst vergingen Tage, dann Wochen. Die bewegende Geschichte dieses Fleckchens Erde, das damals durch die Bruderschaft aus sechs Nationen unter der Führung von Marshall Tito zusammenwuchs und nach seinem Tod in einem erbitterten Bruderkrieg auseinander brach, durch die Geschichten und die Augen der Menschen, der Zeitzeugen, zu erfahren, ist für uns bis heute unvergesslich. Noch nie haben mich in so kurzer Zeit ein Ort, seine Geschichte und Menschen so sehr beeindruckt und nachhaltig gefesselt.
Knapp zwanzig Jahre nach dem Krieg sind die Nächte in Belgrad lang und die Lebenslust der jungen Menschen ausgeprägt. Aufgrund der vielen hier entstehenden Subkulturen – ob Kunst, Streetart, Musik oder Lifestyle – sehen viele Menschen Parallelen zum Berlin der 90er Jahre.
Mit dem Kajak paddeln wir entlang der Donau und besuchen Darko und Nemen. Sie sind so alt wie wir und bauen auf einer alten Mülldeponie gerade ein Ökotourismus Projekt. Einfach toll zu erleben, was die Jungs hier auf die Beine stellen.
Ein paar Tage später begeben wir uns mit Zeljko in Belgrad’s alte Festung Kalemegdan. Er zeigt uns stolz den darin versteckten alten Nachtclub. Er ist zwar mittlerweile geschlossen, doch in den Neunzigern, vor dem Jugoslawien Krieg, gehörte er zu den Top Ten der besten Nachtclubs der Welt. Nur die endlos vielen zertretenen Kaugummis am Boden lassen noch erahnen, was hier früher los gewesen sein muss. Heute zieren Staturen und Kulturschätze die Räume.
Wir konnten uns von dieser magischen Stadt, über die es noch so viel herauszufinden galt, einfach nicht trennen und haben irgendwann aufgehört, über unsere Abreise nachzudenken. Zu stark der Wunsch zu bleiben, einzutauchen, ein Teil dieses Ortes zu werden. Der Gedanke, selbst irgendwann hierher zuziehen, meldete sich und ließ uns lange Zeit nicht los. Diese Flamme von Belgrad ist selbst nach vier Jahren noch immer nicht erloschen, so sehr hat uns dieser Ort geprägt.
Über Matthias und seinen Reiseblog „TravelTelling“
Ich reise gerne fernab der Masse. Ob in der Natur, auf dem Wasser oder auch mal in der Großstadt – hauptsache entschleunigt und mit leichtem Gepäck. Mit Rad oder Rucksack, langsam, nicht zu durchgeplant, auf der Suche nach etwas Neuem, darum geht es hier auf TravelTelling.
Slow Travel heißt für mich vor allem Qualität vor Quantität: Bewusst und mit großer Flexibilität zu reisen. Zu bleiben, wenn es einem gefällt, sich im Reisemoment zu verlieren und treiben zu lassen. Bevorzugt per Zug, Bus, Auto, Rad oder zu Fuß statt mit dem Flieger.
Als nächstes geht es für uns fünf bei Gregor von „Im Osten was Neues“ Ostwärts.
Freut euch schon mal auf interessante Reiseberichte und Gedanken.
Reist du hin und wieder auch mal langsam und genüsslich?
Berichte davon gerne in den Kommentaren.
Hallo Leute!
Ich habe auch nie verstanden wie hart arbeitende Familien im Sightseeing und Urlaubsstress ein Ventil finden…
Slow-Travel ist die einzige Möglichkeit, wirklich in den Zielort und dessen Bewohner einzutauchen und all die tollen Einzelheiten zu entdecken, die uns unsere schöne Welt bereithält – nur so ist Reisen wirklicher Urlaub fürs Herz und fürs Hirn.
Die schönsten Momente kommen ganz von allein – Solange man so spontan in den Tag hineinlebt, als hätte man das restliche Leben Urlaub!
Ich werde mir auf jeden Fall die tollen Tipps für meine Reise nach Slowenien ans Herz legen, danke euch schonmal im Voraus für die schönen Eindrücke ;)
Alles Gute und eine feine Zeit in schönen Orten